Innere Zensur

In meinem Beitrag „Humanitäre Stadt = Ghetto. Und was kommt nach dem Ghetto?“ schreibe ich unter anderem: „In Deutschland ist es nicht so einfach, etwas gegen Israel zu sagen. Es besteht die Gefahr, als Antisemit wahrgenommen zu werden. Das aber kommt in Deutschland dem gesellschaftlichen Tod gleich. Da sagt man lieber nichts. Oder man äußert nur vorsichtig seine ‚Besorgnis‘.“

Im Prinzip den gleichen Gedanken finde ich in einem Interview des Tagesspiegels mit Lea Ypi, der albanisch-britischen Philosophin und Professorin für Politische Theorie.

Hier stellt sie sich die Frage: „Wie kann man seine Integrität und moralische Haltung bewahren?“

Ihre Antwort:

„Indem man sich fragt, was die richtige Handlung ist – nicht, was gerade nützlich oder bequem wäre. Die innere Freiheit kann nicht genommen werden. Aber sie hat einen Preis: Wer seine Würde bewahren will, zahlt dafür oft mit Nachteilen, mit Ausgrenzung oder mit Schuld. Meine Großmutter stand vor schärferen Zwängen, aber die Logik ist vergleichbar heute. So erleben viele eine innere Zensur: Man möchte etwas zu Palästina sagen, aber schweigt aus Angst, den eigenen Ruf zu gefährden.“

Der Anlass des Interviews ist das Erscheinen Ihres Buches „Aufrecht. Überleben im Zeitalter der Extreme“. In diesem Buch rekonstruiert sie die Lebensgeschichte ihrer Großmutter. Geboren in der osmanischen Aristokratie erlebte diese später Albanien unter faschistischer Besatzung und kommunistischer Herrschaft.

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